Vorhang auf, „Aaaah“ – und schon brandet Applaus auf. Schauplatz war der Brander Mehrzwecksaal, gegeben wurde das Volksstück „Chaos im Laden“ von Tobias Landmann, das mit viel Vorschusslorbeeren startete.
Vorschusslorbeeren könnte man das nennen, was sich hier ereignet; also jemanden Lohn geben, bevor dieser erarbeitet ist. Wofür? Er galt dem Bühnenbild. Es fehlte die übliche Landhausstube, der fast obligatorische Kachelofen, und es war auch keine Wirtsstube. Mal was anderes, und das auch sprachlich. Ein hochdeutsches Stück „übersetzt“ in perfekte oberpfälzische Mundart. Gut gelungen!
Aus einer Ladeneinrichtung bestand das Bühnenbild, vielfältig und farbenfroh bestückt und in vielen Details realistisch, fast wie im richtigen Leben. Selbst die Türklingel war funktionsfähig eingebaut, da hatte der Vorsitzende der Theatergruppe Brand in seinen Dankesworten am Ende wohl recht, wenn er erklärte, dass so ein Bühnenbild nicht in zwei Tagen zu erstellen ist.
Es gibt gleich nochmal Applaus. Veronika Kraus und später Markus Philipp, die tragenden Säulen des Ensembles, treten auf, und da kommt beim Stammpublikum – die meisten Besucher gehören dazu – Freude auf. Jetzt wird schwungvoll agiert, witzig und pointiert gesprochen und mit Freude Theater gespielt. Nun sind die Geschäftsleute Cordula und Fritz Knaller auf der Bühne und das Chaos, von den beiden angerichtet, kann sich entwickeln.
Suche nach Verstärkung
Es wird turbulent, als die beiden – getrennt voneinander – ihre Anzeigen in der Tageszeitung lesen; jeder hat auf der Suche nach Verstärkung im Geschäft seine eigene Annonce aufgegeben. Jeder in seiner Note und in einem ganz persönlichen Stil. Die Chefin sucht einen männlichen Verkäufer und bringt dies sehr sachlich und kompetent zum Ausdruck. Leider ist die des Chefs etwas verunglückt, wirkt äußerst zweideutig und erscheint auch noch unter „Bekanntschaften“. Das führt zu Verwirrungen, Verwechslungen und gegenseitigen Vorwürfen bis hin zum Vertrauensbruch, der am Ende in eine Trennung zu münden droht.
„Chaos im Landen“ ist eine turbulente und abwechslungsreiche Verwechslungskomödie mit vielen witzigen und urkomischen Szenen, Gesprächen und Sticheleien. Von nun an werden alle fremden Kunden als mögliche Bewerber eingestuft. Und da kann es schon etwas dick kommen. Abhilfe ist da in Form der Besenkammer, die dann auch schon mal mit zwei falsch identifizierten Bewerbern besetzt ist, so dass ein dritter keinen Platz mehr hat. Da ist Sohn Gerald (Hannes Scherm), für den Vater ein potenzieller Nachfolger, der aber lieber studieren will. Seine Freundin (Elena Reiß) muss erst in die Besenkammer. Weibliche Bewerberin! Soweit ist Fritz noch nicht! Das muss er seiner Cordula erst langsam verklickern.
Ähnlich geht’s dem Architekten (Torsten Erhardt), den Cordula aus der Schusslinie nimmt und als zweite Person in die Besenkammer verbannt. In die Turbulenzen lässt sich eine nicht einbinden: Klara, die Pfarrköchin (Carmen Lehnert) – moralisch höchst anspruchsvoll und „Speerspitze des Erzengels Michael“ – taucht stets zur richtigen Zeit auf, um Kleinigkeiten einzukaufen und dabei ihre schier grenzenlose Neugier zu befriedigen.
Viele weitere Personen werden nach und nach ins ständig wachsende Chaos eingebunden. Freund Rudolf (Rudolf Söllner), der ein Grundstück hat und eine Tochter, die er und Fritz gerne mit Gerald verkuppeln möchte. Ein Supermarkt könnte so entstehen. Und einen Freund (Christof König) gibt es auch, der die Absicht des Chefs, eine weibliche Mitarbeiterin einzustellen, unterstützt. Auch die ernsthaften Bewerber gibt es: Ottfried Dudel. Fälschlicherweise als Architekt identifiziert, liefert Tobias König als grenzenlos aufgeregt und verwirrtes, jedes Selbstwertgefühls entbehrendes Individuum eine äußerst reife Leistung ab. Iris (Lisa Bayer) möchte sich auch bewerben, vergibt sich aber schon wegen ihres Aussehens und Auftretens jegliche Chance.
Auch Pfarrer in Nöten
Rudolfs Tochter (Maria König), die eigentlich verkuppelt werden sollte, setzt nun dem Chaos die Krone auf, und da kann selbst der Pfarrer (Maximilian Hars) nicht mehr helfen, der in wenigen Minuten soviele Vergehen auf einmal registriert wie sonst das ganze Jahr über im Beichtstuhl. Der dritte Akt muss es bringen und er enttäuscht die Besucher nicht.
Das Stück lebt von der Vielzahl der Personen und der damit möglichen Verwechslungen. Das Ambiente des Ladengeschäfts als Verschmelzungspunkt der in einem Dorf zusammenlaufenden richtigen und falschen Informationen, gibt dem Chaos seine besondere Note. Dahinter steht Spielfreude der Akteure und der ungebremste Wille, die Sache am Laufen zu halten. Regisseurin Veronika Söllner erhielt verdienten Applaus für die Vielfalt ihrer Ideen in Bezug auf Maske, Bühnenbild und Inszenierung.